„Das Thema Nahrung eignet sich hervorragend, um zu überlegen, was Nachhaltigkeit bedeutet. Denn über das Essen treten wir täglich mit unserer Umwelt in Beziehung. Wir kaufen Lebensmittel ein, bereiten sie zu, teilen Nahrung mit anderen“, sagt Heide Bruckner. Die Geografin befasst sich in Forschung und Lehre seit Jahren mit sozialen und umweltrelevanten Aspekten von Ernährung sowie dem Anbau und der Produktion von Lebensmitteln. Mit der Bildungswissenschaftlerin Annette Sprung hat sie ein innovatives Lehrprojekt konzipiert. Eng verschränkt mit der Vermittlung von theoretischem Wissen an der Uni Graz, haben Studierende und in Graz lebende Mitglieder afrikanischer Communities bei gemeinsamen Aktivitäten Gelegenheit, sich dem Thema nachhaltige Ernährung anzunähern. Dazu gehören etwa das Einkaufen am Bauernmarkt mit anschließendem Kochen oder eine African Food Tour, bei der die Studierenden Restaurants und Lebensmittelgeschäfte der Community in Graz kennenlernen. Kooperationspartner ist der Verein Chiala.
Annette Sprung lehrt und forscht zu Möglichkeiten, Migrant:innen die Teilhabe an der Gesellschaft zu erleichtern und den Dialog zwischen unterschiedlichsten Bevölkerungsgruppen auf Augenhöhe zu initiieren. Sie hat dazu bereits mehrere Projekte realisiert. „Nahrung ist ein Thema sozialer Gerechtigkeit und ein ideales Beispiel, um politische, ökologische und soziale Aspekte von Nachhaltigkeit erfahrbar zu machen. Gleichzeitig bietet es sich für interkulturelles Lernen an“, betont Sprung.
Wie wir uns ernähren und was für uns gutes Essen ausmacht, ist abhängig von unserer Identität bzw. unseren vielfältigen Zugehörigkeiten“, weiß Heide Bruckner. Ein Ziel des Lehrprojekts sei darüber nachzudenken, welche Herausforderungen und Hürden es erschweren können, gut zu essen. „Wir haben meist eine sehr enge Vorstellung von nachhaltiger Ernährung – saisonal, regional, bio, vegan – und machen uns keine Gedanken darüber, dass der Zugang zu solchen Lebensmitteln nicht für alle Menschen einfach ist“, so Bruckner. „Vielleicht fühlen sich manche Migrant:innen am Bauernmarkt nicht wohl, weil sie aus einer anderen Ernährungskultur kommen oder die Sprache nicht so gut beherrschen. Sie teilen auch nicht das gleiche Wissen und die gleichen Erfahrungen wie in Österreich aufgewachsene Menschen“, erklärt die Forscherin. All das wäre wichtig zu beachten, um im Gespräch über nachhaltige Ernährung Diskriminierungen zu vermeiden.
Green Academia Award
Das Lehrprojekt “Eating our way through intersectional pedagogy. A teaching project in English language to connect intercultural learning and sustainability” von Annette Sprung und Heide Bruckner ist eines von mehreren Vorhaben, die mit Mitteln aus dem Green Academia Award finanziert werden. Dieser Preis, den die Uni Graz 2023 erstmals vergeben hat, prämiert Wissenschaftszweige, die nachhaltige Mobilität und ausgezeichnete Forschungsleistung besonders erfolgreich miteinander verbinden. Er ist mit insgesamt 90 000 Euro dotiert. Auf Platz 1 landeten im Vorjahr die Erziehungswissenschaften. Mit dem Preisgeld werden nachhaltige Bildungs-, Forschungs- und Sozialprojekte von Mitarbeiter:innen und Studierenden gefördert.
Der Green Academia Award ist eine Maßnahme der Universität Graz auf ihrem Weg zur Klimaneutralität. Der Preis fördert nachhaltige Mobilität, vor allem bei internationalen Dienstreisen, und honoriert gleichzeitig besondere wissenschaftliche Leistungen der Uni-Mitarbeiter:innen. Die Verleihung des Green Academia Award 2024 findet am 10. Oktober im Rahmen des Nachhaltigkeitstages der Uni Graz statt, im Anschluss an den Impulsvortrag von Science Buster Florian Freistetter.